„Wir suchen den Dialog mit der Verbraucherzentrale“

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat angekündigt, EWE zu verklagen. Dr. Alain Waltemath, Leiter Kundenservice, erklärt im Interview die Hintergründe.


Warum hat EWE seit Monaten Probleme im Kundenservice und bei der Erstellung von Jahresrechnungen?

Waltemath: „Der Beginn der Energiekrise sowie die Maßnahmen der Bundesregierung haben EWE zum ungünstigsten Zeitpunkt getroffen: Mitten in der Umstellung von einem alten Abrechnungssystem auf eine moderne, neue Lösung. Die staatlichen Maßnahmen waren von uns daher in zwei IT-Systemen, anstatt nur in einem, umzusetzen. Deshalb sind wir auch länger als andere mit den letzten Ausläufern des entstandenen Rückstaus beschäftigt. Wir haben bereits viele Abrechnungen erstellt, erstellen täglich weitere und versenden diese an unsere Kundinnen und Kunden. Dennoch gibt es leider auch jetzt noch einige tausend Kundinnen und Kunden, die ihre Abrechnung noch nicht erhalten haben. Auch wenn es eine technische Ursache für die Probleme bei den Ansprüchen gibt: Hier haben wir absolut nicht so geliefert, wie unsere Kundinnen und Kunden das von uns erwarten dürfen. In aller Offenheit: Wir sind unserem eigenen Anspruch an einen guten Kundenservice nicht gerecht geworden. Und dafür können wir unsere Kundinnen und Kunden nur um Verzeihung bitten und eine feste Zusage machen: Wir werden dafür sorgen, dass keinem unserer Kunden daraus ein Schaden entsteht.“

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat EWE aufgefordert, per Unterlassungserklärung zu versichern, dass Rechnungen ab sofort wieder pünktlich erstellt werden. Warum unterzeichnet EWE nicht?

Dr. Alain Waltemath, Leiter Kundenservice

Waltemath: „Die Verbraucherzentrale Niedersachsen handelt im Interesse und zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher – unserer Kunden. Das ist ihr Auftrag und selbstverständlich gut so. Wir stimmen mit der Verbraucherzentrale völlig überein, dass keinem unserer Kunden aufgrund der verspäteten Jahresabrechnung ein Schaden entstehen soll. Und dafür stehen wir auch gerade. Selbstverständlich sind wir bereit, eine solche Erklärung jederzeit zu unterzeichnen. Den Dialog mit der Verbraucherzentrale haben wir bereits gesucht. Wozu wir uns allerdings nicht bereit erklären können: Strafzahlungen zuzusagen für zukünftige Rahmenbedingungen, die wir heute nicht kennen. Genau das hatte die VBZ in einer Unterlassungserklärung gefordert. Die Bundesregierung möchte bekanntlich die im Herbst 2022 beschlossene und eigentlich noch bis Ende März geltende Senkung der Umsatzsteuer auf Erdgas von 19 auf aktuell sieben Prozent vorzeitig zum Jahreswechsel rückgängig machen.

Auch über die Verlängerung der staatlichen Energiepreisbremsen wird noch beraten. Diese enden eigentlich zum Jahreswechsel, sollen laut Bundesregierung aber nun doch bis Ende April gelten. Diese Vorhaben müssen noch durch Bundestag und Bundesrat. Ähnlich wie im Vorjahr ist daher damit zu rechnen, dass die verbindlichen Entscheidungen erst kurz vor Weihnachten fallen und dann sehr kurzfristig durch die Energieversorger in den IT-Systemen umzusetzen sind – die damaligen Effekte auf die Energiebranche sind bekannt. Die Zusage, ab sofort alle Abrechnungen pünktlich zu erstellen, kann vor diesem Hintergrund also schlicht nicht mit der gebotenen Zuverlässigkeit gegeben werden. Hinzu kommt, dass die Erklärung zugleich sehr pauschal und sehr weitreichend formuliert war, die Sparte Wärme umfasste, für die keine rechtliche Vorgabe zur Abrechnungsfrist besteht und Effekte einschloss, die außerhalb unserer Einflusssphäre liegen.“

Was unternimmt EWE denn nun konkret, um die Situation für Kundinnen und Kunden zu verbessern?

Waltemath: „Auch wir sind mit den langen Wartezeiten unserer Kundinnen und Kunden nicht zufrieden. Wir wollen, dass unsere Kundinnen und Kunden uns vertrauen und uns als verlässlichen Partner erleben. Hier haben wir mit den verzögerten Abrechnungen eine schlechte und nicht akzeptable Leistung abgeliefert. Wir selbst haben ein Interesse an fristgerechten Abrechnungen, weil wir insgesamt mehr Nachzahlungen von Kundinnen und Kunden ausstehend haben, als wir selbst an Guthaben an Kundinnen und Kunden auszahlen. Es liegt also definitiv nicht am Wollen, sondern leider am Können. Aus diesem Grund leisten wir an Kunden mit einem Guthaben über 100 Euro und einer Wartezeit über sechs Wochen eine aus unserer Sicht adäquate und pragmatische Entschuldigungszahlung. Denn es ist uns wichtig, dass diejenigen, die Energie gespart und ihre Abschläge angepasst haben, keinen Nachteil haben. Und wir werden selbstverständlich auch noch einmal das Gespräch mit der Verbraucherzentrale suchen.“

Mehr Budget, mehr Informationen, mehr Kapazitäten

Hier finden Sie einige der vielen Maßnahmen, die EWE in den vergangenen Monaten ergriffen hat, um das Serviceversprechen an die Kunden einzulösen.